Krisen besser meistern

Bevölkerungsschutz

© Kevin Nehring Spontanhelfende im Einsatz.

Das Fraunhofer IAO und das IAT der Universität Stuttgart organisieren regelmäßig den Runden Tisch Forschung im Bevölkerungsschutz. Stefan Voßschmidt vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erklärt, warum diese Veranstaltung so wertvoll ist.

Im November fand der 11. Stuttgarter Runde Tisch »Forschung im Bevölkerungsschutz« statt. Worum geht es dabei?

Das Fraunhofer IAO und das IAT der Universität Stuttgart beteiligen sich an vielen nationalen und internationalen Forschungsprojekten zum Thema Katastrophenschutz. Mit dem Runden Tisch schufen sie eine Plattform, auf der Forschende und Praktiker aus diesem Bereich zusammenkommen, um sich zu vernetzen, auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und zu diskutieren. Das Ziel ist, aktuelle Herausforderungen und Anforderungen der Praxis in die Forschung zu bringen und darüber neue Lösungsansätze zu finden. Im Wesentlichen geht es um Informationsprozesse, Freiwilligenmanagement, Modellierung und Simulation im Krisenmanagement sowie Sicherheit der öffentlichen Infrastruktur.

Wer nimmt daran teil?

Neben Forschungseinrichtungen und Institutionen sind Vertreterinnen und Vertreter von Ministerien sowie kommunalen und lokalen Behörden, von Rettungsdiensten wie der Feuerwehr oder dem Technischen Hilfswerk (THW) und von Fachverbänden und Organisationen vor Ort.

Gab es einen konkreten Anlass, diese Veranstaltung 2014 ins Leben zu rufen?

Ja. Bei der Hochwasserkatastrophe 2013, von der weite Teile Deutschlands betroffen waren, stellten wir erstmals fest, in welch großem Ausmaß Spontanhelfende auftraten. Das sind Menschen, die an keine Hilfsorganisation angebunden sind, sondern aus freien Stücken anreisen, um zu helfen. Oft organisieren sich Gruppen eigenständig über soziale Netzwerke. Das muss aber koordiniert werden, sonst entsteht Chaos. Gerade für den Umgang mit Spontanhelfenden war der Austausch hilfreich.

Worauf kommt es dabei an?

Entscheidend ist die richtige Kommunikation auf allen Ebenen. Anfangs war zum Beispiel die Skepsis gegenüber Spontanhelfenden auf Seiten der BOS, der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, groß. Sie wollten die Leute nach Hause schicken. Damit würde man aber wertvolle Ressourcen verschwenden. Es zeigt sich ja immer wieder, dass diese Menschen Großes leisten. Man muss aber eine Sprache finden, die jeder versteht. Mit behördlichem Jargon oder Kommandoton kommen Sie nicht weit.

Man will niemanden verschrecken, der sich einbringen möchte.

Richtig. Man ist froh um jeden, der seinen Einsatz vielleicht zum Anlass nimmt, sich einer Hilfsorganisation anzuschließen. Zugleich dürfen die Helfenden den professionellen Bevölkerungsschutz nicht stören. Ihnen muss klar sein: Wenn eine bestimmte Aktion kontraproduktiv ist, müssen sie diese lassen.

Haben Sie ein Beispiel?

2013, in Dresden, haben Spontanhelfende gemeinsam mit ehemaligen THW-lern eine fantastische Sandsackmauer gebaut. Sie war jedoch im Weg, und die Feuerwehr musste sie mühsam wieder abreißen. Da der Aufruf zum Bau der Sandsackmauer aber im Netz stehen blieb, stand am nächsten Tag dort wieder eine Mauer. Hier durften beide Seiten dazulernen: Spontanhelfende müssen daran denken, Aufrufe mit Ablaufdatum zu versehen, und die BOS muss Social Media im Blick behalten. 

Illustration im Bleistift-Stil von Stefan Voßschmidt
© Bernd Schifferdecker

Stefan Voßschmidt
ist Jurist und startete 1993 seine Karriere im öffentlichen Dienst, zunächst als Regierungsrat beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, heute beim BAMF. 1994 wechselte er in die Verwaltung des Bundeskriminalamts und 2009, für drei Jahre, ins Bundesinnenministerium. Seit 2012 arbeitet er als Dozent im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. In seinen Aufgabenbereich fällt das Thema Spontanhelfende. Neben seiner Lehrtätigkeit hat er zahlreiche Artikel und einige Bücher zum Thema Katastrophenschutz veröffentlicht.

Weitere Informationen

Unser Beitrag zur Forschung im Bevölkerungsschutz hat Ihnen gefallen? Folgend finden Sie weiterführende Informationen zum Thema.

 

Tätigkeitenkatalog

Spontanhilfe im Einsatz

Im Tätigkeitskatalog des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sind Grundlagen und Empfehlungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Einsatzkräften und Spontanhelfenden zu finden.

Event

»12. Stuttgarter Runder Tisch« am 21. Oktober 2025

Mit dem Stuttgarter Runden Tisch »Forschung im Bevölkerungsschutz« bieten wir eine Plattform an, um aktuelle Herausforderungen und Anforderungen der Praxis in die Forschung zu tragen. Nutzen Sie die Möglichkeit, aktuelle Forschungsthemen kennenzulernen und mitzugestalten. Dieser offene Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren des Bevölkerungsschutzes und der Forschung unterstützt innovative und wissenschaftsbasierte Best Practice-Lösungsansätze.

Blogreihe

Spontanhelfende im Bevölkerungsschutz

Fünf Blogbeiträge zum Thema von Lena Posselt und Sarah Kaltenegger.

Innovationsnetzwerk

Morgenstadt

Die Initiative verbindet technologische Innovationen mit sozialen und ökologischen Ansprüchen, um lebenswerte und nachhaltige Städte zu schaffen. Werden Sie Teil des Netzwerks!

Tool

KatHelfer

Mit KatHelfer als Software as a Service (SaaS) sind Behörden und Bundesländer digital gerüstet, um Spontanhelfende im Katastrophenfall bestmöglich einsetzen zu können.

 

Aus dem Magazin »FORWARD

Dieser Beitrag ist Teil des Magazins 1/25 des Fraunhofer IAO und des IAT der Universität Stuttgart.